Chris Gueffroy

geboren am 21. Juni 1968,

erschossen am 5. Februar 1989, in Berlin-Treptow, nahe den Kleingartenkolonien „Harmonie“ und „Sorgenfrei“ am Britzer Zweigkanal.

Im Mai 1989 sollte der 20-Jährige Kellner Chris Gueffroy aus Ost-Berlin zur Nationalen Volksarmee eingezogen werden, was ihm sehr widerstrebte. Reisen wollte er; Amerika sehen, das war sein großer Traum. Von einem Bekannten, der seinen Wehrdienst bei den Grenztruppen in Thüringen ableistete, erfuhren Chris Gueffroy und sein Freund, der 21-jährige Christian G., Ende 1988, dass der Schießbefehl ausgesetzt sei; es dürfe nur noch auf Fahnenflüchtige und bei Angriffen auf die Staatsgrenze geschossen werden. Chris Gueffroy und Christian G. gingen deshalb davon aus, dass ihnen bei einer Flucht über die Berliner Mauer schon nichts passieren werde.

Am 5. Februar 1989 näherten sich die beiden jungen Männer im Ost-Berliner Stadtbezirk Treptow dem Teltowkanal, der die Grenze zum West-Berliner Stadtbezirk Neukölln bildete. Von einer Gartenkralle hatten sie den Stiel entfernt und stattdessen ein Seil angebunden. Mit diesem Wurfanker wollten sie die letzte Barriere vor dem Teltowkanal überwinden, den Streckmetallgitterzaun. Fast drei Stunden lang krochen sie bei drei Grad minus durch Schrebergärten, bevor sie gegen 23.40 Uhr die Hinterlandmauer erreichten. Es gelang ihnen, diese Mauer unentdeckt zu übersteigen. Auch das nächste, nur fünf Meter entfernte Hindernis, den Signalzaun konnten die beiden jungen Männer überwinden, lösten dabei aber optischen Alarm aus; die Grenzsoldaten wurden auf sie aufmerksam. Während Chris Gueffroy und Christian G. auf das letzte Sperrelement, den Streckmetallzaun, zurannten, wurden sie von einem Postenpaar unter Beschuss genommen. Um den Schüssen zu entkommen, rannten sie von den Soldaten weg am Zaun entlang. Vergeblich versuchten sie abwechselnd, dem jeweils anderen mit einer Räuberleiter über den Zaun zu helfen. Die Flucht vor dem ersten trieb sie in die Arme eines zweiten Postenpaares. Schüsse peitschten durch die Nacht, schlugen Funken am Stahlzaun. Chris Gueffroy sackte zusammen, fiel zu Boden und blieb leblos vor seinem Freund liegen, der, ebenfalls von einem Geschoss am Fuß getroffen, stürzte.

Chris Gueffroy starb innerhalb weniger Minuten. Ein Brustschuss hatte ihm den Herzmuskel zerfetzt. Christian G. wurde am 24. Mai 1989 vom Stadtbezirksgericht Berlin-Pankow wegen versuchten ungesetzlichen Grenzübertritts im schweren Fall zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt.

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