Flächennutzung und Naturschutz Für die Erarbeitung ökologischer Planungsgrundlagen, beispielsweise einer Freiraum- und Erholungskarte oder eines städtischen Biotopverbundes, bildet die Kenntnis der realen Flächennutzung eine wesentliche Grundlage.
Historische Siedlungsentwicklung Die historische Siedlungsentwicklung (siehe Karte der Siedlungs- und Landschaftsentwicklung von 1893 - 1993) hatte deutliche Auswirkungen auf Naturhaushalt und Landschaftsbild.
Gegenüber der „dünnen„ Besiedlung um 1900 ist die Inanspruchnahme von Freiräumen und Freiflächen für Siedlungszwecke ein bestimmendes Merkmal der Siedlungsentwicklung der letzten 50 Jahre in der Stadt Herdecke .
Damit verbunden war vor allem in der Vergangenheit eine Missachtung natürlicher Landschaftsstrukturen und des Landschaftsbildes durch
Begradigung oder Aufstauung der Ruhr (Harkort-, Hengsteysee) Überbauung der Überschwemmungsbereiche der Ruhrauen (z.B. Cunokraftwerk, Freizeitanlage Bleichstein) Überbauung, Versiegelung oder Zerschneidung (durch Verkehrsstraßen) von Bachtälern und Verrohrung oder Verlegung der Fließgewässer (z.B. Unterlauf des Herdecker Baches, Kirchender Bach im Bereich Sportanlagen) Beseitigung von gliedernden und belebenden Landschaftselementen, landschaftstypischen Bauformen, hausnahen Obstwiesen und -gärten im Bereich des alten Stadtkerns. Mit der Umwandlung der dörflichen Strukturen ist außerdem verbunden
der Verlust von Lebensraum für Tier- und Pflanzenarten der Verlust an landwirtschaftlichen Flächen durch ein großflächiges Zusammenwachsen von Weilern oder kleinen Dörfern (z.B. Westende und Kirchende) eine Verdichtung des Wohnumfeldes mit so kleinflächigen Grünanlagen, dass sie weder human-ökologischen Ansprüchen genügen noch dem Schutz der ökologischen Tragfähigkeit der besiedelten Stadt gerecht werden (dies trifft vor allem für die Stadtbezirke der Kernstadt zu). Diese starken Veränderungen, vor allem nach Ende des 2. Weltkrieges, führten und führen heute verstärkt zu neuen Anforderungen, die im Rahmen der vorhandenen Stadtstrukturen oftmals nicht mehr befriedigend erfüllt werden können.
Neben dem Bedarf an zusätzlicher Wohn- und Gewerbefläche wachsen gleichzeitig die Ansprüche der Stadtbewohner an die Qualität und Quantität von Grün- und Freiflächen, um ihren wachsenden Bedürfnissen nach Ruhe und Erholung, Entspannung und Spiel nachgehen zu können. Dies erfordert zwangsläufig Veränderungen der bestehenden Flächennutzung.
Der Flächennutzungsplan der Stadt Herdecke aus dem Jahre 2001 trägt diesen Entwicklungen in seinen „Leitbildern der Stadtentwicklung“ Rechnung und weist in seinen „Ökologischen Grundsätzen„ u.a. darauf hin, dass „Maßnahmen zum Schutz der Umwelt und Sicherung und Pflege von Natur und Landschaft weiterhin erforderlich und die städtebaulichen Zielvorstellungen hinsichtlich ihrer ökologischen Auswirkungen zu überprüfen sind, um auch in der Zukunft eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung unter Schonung der natürlichen Ressourcen zu gewährleisten“.
Nutzungstypen-Kartierung Im Rahmen des Stadtökologischen Fachbeitrages wurden daher auf der Grundlage von Luftbild- und Kartenauswertung sowie Geländeerhebungen Nutzungstypen kartografisch im Maßstab 1:5.000 abgegrenzt.
Dabei richtet sich die stadtökologische Differenzierung der bebauten Bereiche (Gemischte Bauflächen, Öffentliche Einrichtungen, industrielle und gewerbliche Bauflächen/Ver- und Entsorgungsanlagen) nach Baustruktur und Baudichte (erfasst über den Versiegelungsgrad), da diese zu den wichtigsten abiotischen Faktoren einer ökologisch relevanten Stadtgliederung zählen und sämtliche anderen Faktoren mitbestimmen.
Die Nutzungstypenkartierung gliedert das Stadtgebiet in 1.474 Struktureinheiten, die sich 36 Nutzungstypen zuordnen lassen. Die Struktureinheiten sind hinsichtlich der Ausgestaltung von Bebauung und Freiflächen relativ homogene Flächen; dies gilt auch in bezug auf wichtige siedlungsstrukturelle Merkmale wie die Bodenversiegelung und die Vegetationsstruktur. Sie umfassen in der Regel mehrere Baublöcke, können diese aber auch unterteilen, wenn die Baublöcke unterschiedliche Siedlungsstrukturen beinhalten.
Die baulich geprägten Nutzungstypen einschließlich der Verkehrsflächen mit 7,5 % (Bahn, Straße, Weg, Parkplatz) nehmen insgesamt 32,1 % der Fläche von Herdecke ein. Davon sind im städtischen Bereich mit 14,5 % die lockeren Bebauungsformen vorherrschend (Einzel-, Doppel- und Reihenhausbebauung), während der Flächenanteil mit dichter Wohnbebauung (Geschoss- und Blockbebauung, öffentliche Einrichtungen, Innenstadtbereich) mit 3,7 % sehr gering ausfällt. Auch die gewerblich-industriell geprägten Nutzungstypen liegen zusammen mit 3,5 % ebenfalls relativ niedrig.
Deutlich zugenommen haben städtische Wohnformen im ländlichen Bereich mit 2 % gegenüber den noch verbliebenen dörflich-landwirtschaftlich geprägten Wohnformen mit 0,94 %.
Im Vergleich zur gesamtstädtischen Nutzungstypenkartierung sind die außerstädtischen Freiräume (Waldbereiche und landwirtschaftlich genutzte Flächen) mit insgesamt 55,5 % stark repräsentiert. Hinsichtlich der Grün- und Erholungsflächen mit 3,2 % Flächenanteil ist die Stadt Herdecke jedoch deutlich unterversorgt.
Versiegelungsgrad Die Flächenversiegelung unterscheidet sich deutlich zwischen den baulich geprägten Nutzungstypen.
Auf den versiegelten und teilversiegelten Flächen sind die Austauschvorgänge zwischen Atmosphäre und Boden in unterschiedlichem Maße eingeschränkt bzw. unterbunden. Folgen sind - je nach Intensität und Umfang - u.a. die Veränderung, teilweise auch Zerstörung des Bodens, der Lebensräume für Flora und Fauna sowie die Beeinflussung des Meso- und Mikroklimas und des Wasserhaushaltes.
Neben der verändernden Wirkung von Bodenversiegelung auf die Umweltmedien kommt es auch zu lufthygienischen Veränderungen (z.B. Erhöhung der Ozonbelastung).
Somit werden gleichzeitig die natürlichen Lebenswerte für den Menschen - die Gesundheit, das Naturerlebnis und die Erholungsmöglichkeiten - in erheblichem Maße beeinträchtigt.
Die Zusammenhänge zwischen Bodenversiegelung und Auswirkungen auf das ökologische Leistungsvermögen von städtischen Flächen werden mithilfe des „Versiegelungsgrades„ bestimmt. Dabei stellt der Versiegelungsgrad den prozentualen Anteil der überbauten Flächen und versiegelten Flächen (Asphalt-, Betondeckschichten) sowie teilversiegelten Freiflächen (Deckschichten mit Pflaster, Platten, Rasengittersteinen, wassergebunden Decken) an der Stadtfläche dar.
In der Block- und Blockrandbebauung erreicht der Anteil stark versiegelter Flächen (Versiegelungsgrad > 50 %) 50-60 %, bei der Hochhaus- und Terrassenbebauung sogar über 80 %. In der Einzel- und Doppelhausbebauung liegt der Wert dagegen nur noch bei 6 %. Auffällig ist der relativ hohe Anteil stark versiegelter Flächen mit fast 32 % bei den Reihenhäusern. Hier wirkt sich der allgemeine städtebauliche Trend zu höherer Verdichtung bei der Festlegung der Grundstücksgrößen mit bebaubarer Fläche aus.
Gering versiegelt (< 10-25 %) sind neben den größeren Grünanlagen, Wäldern und landwirtschaftlich genutzten Flächen auch die Wohnbauflächen im ländlichen Bereich. Bei Sport- und Freizeitanlagen liegt der Schwerpunkt der starken Versiegelung (< 50 %) im Bereich von Sport-, Tennis- und Reitplätzen/-hallen.
Vegetationsstruktur Jede Vegetation in der Stadt ist „Natur“, die zweischürige Wiese am Stadtrand ebenso wie die Ruderalvegetation, das sog. „Unkraut„, in den öffentlichen und privaten Grünflächen bzw. der freiwachsende Gebüschstreifen aus Holunder, Hartriegel, Weißdorn, Feldahorn und Hasel.
Unterschiedliche Formen und Ausprägungen der Vegetation sind sowohl im Stadtgefüge insgesamt wie auch in einzelnen Grünräumen nebeneinander möglich.
Ziel einer ökologischen Stadtentwicklung sollte es sein, einen möglichst hohen Anteil heimischer Vegetationsflächen im Stadtgebiet zu erhalten. Stadtbäumen kommt dabei neben der lufthygienischen auch eine hohe stadtökologische Bedeutung zu. Durch Auswertung der Infrarot-Luftbilder für die Stadt Herdecke wurde der Anteil an großkronigen Laubbäumen und älteren Strauchbeständen ermittelt.
Die Vegetationsstruktur ( Gärten, Abstandsgrün) wurde in den baulich genutzten Bereichen dementsprechend nach „strukturreichen“ und „strukturarmen„ Flächen unterschieden.
Die Vegetationsstruktur bzw. der Gehölzanteil (Bäume und Sträucher) ist in Herdecke weitgehend komplementär zur Flächenversiegelung.
Neben den gehölzreichen Wäldern und Friedhöfen sind die Flächenanteile der Gehölzbestände im bebauten Bereich insbesondere in der Einzelhausbebauung und bei den öffentlichen Einrichtungen relativ hoch. Sehr niedrig sind die Werte in der Innen- und Altstadt sowie in der Block- und Blockrandbebauung.
Der geringe Strukturreichtum im Bereich der Reihenhäuser hängt sowohl von der größeren Flächenversieglung als auch von der noch „jungen“ Entstehungsphase ab.
Biotopverbundsystem
Der Flächennutzungsplan der Stadt Herdecke weist in seinen „Ökologischen Grundsätzen„ insbesondere darauf hin, dass bei der Neuausweisung konkurrierender Flächen beachtet werden soll, dass eine größtmögliche Vielfalt der natürlichen Erscheinungen (biotisch und abiotisch) zweckfrei, d.h. um ihrer selbst Willen erhalten bzw. wiederhergestellt wird.
Dieses Planungsziel fordert damit die Erhaltung (Sicherung) und Entwicklung von Lebensräumen für Pflanzen- und Tiergemeinschaften, den Biotopen.
Die in der LÖBF vorhandenen Daten über schutzwürdige Biotope von überregionaler, regionaler und lokaler Bedeutung in der Stadt Herdecke sind für die Erarbeitung des Stadtökologischen Betrages entsprechend ausgewertet worden
Es ist jedoch wichtig nicht nur die Fläche des einzelnen Biotops zu sichern, sondern auch sein Umfeld als „Pufferzone“ zu erhalten und über eine Biotopvernetzung das Nachwandern und die Regeneration von Tier- und Pflanzenarten und -gesellschaften in einem Biotopverbund zu fördern. Auch kleine Strukturen wie Einzelbäume, Alleen, Gehölzgruppen, Feldraine und dergleichen sind hier von Bedeutung. Im Vordergrund sollte jedoch die flächenhafte Verbesserung der ökologischen Bedingungen stehen.
Während im Rahmen der Landschaftsplanung für den sog. Außenbereich die Aufgabe darin besteht, ökologisch besonders wertvolle Flächen als Schutzgebiete in einem landesweiten und regionalen Biotopverbund zu sichern und vor unverträglichen Nutzungen zu schützen, werden an die Entwicklung eines Verbundsystems im besiedelten Bereich andere Anforderungen gestellt.
Hier sind die trennenden Effekte von Straßen und bebauten Flächen immens hoch. Dazu besteht ein vielgestaltiges Netz aus unterschiedlichsten Nutzungsansprüchen, das den Ansprüchen des Naturschutzes gegenübersteht. Insellebensräume für die meisten Arten, auch vieler Kulturfolger, bestehen oft nur noch in den Siedlungsrandbereichen am Übergang zur „freien Landschaft„. Potenzielle Lebensräume wie z.B. Stadtparks sind oft so naturfern angelegt oder gepflegt, dass sie ohne größere biotopgestaltende Maßnahmen nicht ihre Funktion als Trittsteinbiotop, geschweige denn als dauernder Lebensraum ausüben können.
Die Karte stellt darüberhinaus die zeitlich begrenzte Sperrung und Be-schilderung von Straßenabschnitten für den Amphibienschutz dar.
Um dennoch einen lokalen Biotopverbund zu schaffen steht im Mittelpunkt des bebauten Stadtgebietes die Erhaltung und Förderung der stadtspezifischen Lebensgemeinschaften ohne besondere Schutzausweisung, da die ökologischen Ansprüche der innerstädtischen Arten häufig im Einklang mit den urbanen Lebensbedingungen stehen. Für ihre Sicherung reicht es aus, dass die städtische Nutzungs- und Strukturvielfalt erhalten bleibt und die Nutzungsintensität so differenziert wird, dass neben Teilbereichen mit einer hohen Belastung auch ungestörte Teilbereiche über die Bauleitplanung erhalten und geschaffen werden.
Es wurden Flächen für den Aufbau eines „Biotopverbundsystems in der Stadt Herdecke“ abgegrenzt, die von vorrangiger Bedeutung für den Biotop- und Artenschutz sind und die mit erster Priorität dem Aufbau eines landesweiten und regionalen Biotopverbundsystems dienen. Dieses soll vernetzt werden durch Grünräume eines lokalen Biotopverbundsystems. Für die Abgrenzung ist neben den vorrangigen Gesichtspunkten des Biotop- und Artenschutzes auch die Erhaltung von Potentialen und Qualitäten des Bodens als Lebensraum und Standort für Flora und Fauna maßgebend.
Die Flächen sind vier Kategorien zugeordnet.
Kategorie 1: Flächen mit herausragender Bedeutung für ein landesweites Biotopverbundsystem Diese Kategorie umfasst
alle Gebiete mit internationalen Flächenschutzkategorien und gesamtstaatlich repräsentativer Bedeutung (FFH, Ramsar, IBA, CORINE-Gebiete)
Gebiete für den Schutz der Natur (GSN) aus dem Landesentwicklungsplan als großflächige Elemente des landesweiten Biotopverbundsystems
Naturschutzgebiete (bestehend, sichergestellt oder im Landschaftsplan oder über Verordnung offengelegt) sowie Naturschutzgebietsvorschläge
schutzwürdige Biotope (nach § 62 Landschaftsgesetz) soweit sie der Kategorie 1 angehören
Ergänzungsflächen mit hohem Entwicklungspotenzial zur Sicherung genügend großer zusammenhängender Gebiete, um den Mindestansprüchen an den Lebensraum von Tierpopulationen und Lebensgemeinschaften zu genügen und randliche Störungen gering zu halten.
Aus : http://www.gisworks.de/gisworks/herdecke/index.php?doc=1
Herausgeber: Stadt Herdecke - Umweltreferat - , Kirchplatz 3, 58313 Herdecke