Elstermühlgraben
Bearbeiter:
Hans-Peter Kozerski, 15848 Beeskow
Dr. Wolfgang Krutzke, 18055 Rostock
Der Elstermühlgraben zweigt in seinem heutigen Verlauf kurz vor dem Palmengartenwehr vom Elsterflutbett ab, durchfließt das Bach- und das Waldstraßenviertel, bildet die Grenzlinie zum Rosental und mündet unweit der Kläranlage in die Weiße Elster.
Der Elstermühlgraben (Angermühlgraben) wurde vermutlich um 1000 unter Weiterführung eines Elsterarmes angelegt, der als Alte Elster noch bis in die 1920er Jahre bestand. Er diente vorrangig dem Betrieb der Angermühle (Jakobsmühle), aber auch der Hochwasserregulierung. Die Mühle, die anfänglich u.a. dem Thomaskloster gehörte, kam 1499 an den Rat, der sie mehrfach umbauen und erweitern ließ. 1492 wurde hier erstmals in Leipzig Papier geschöpft. Neben der Mehlherstellung diente sie auch als Walk-, Schleif- und Poliermühle.
Pittoreske Besonderheit war der offene Verlauf des Elstermühlgrabens entlang dem Ranstädter Steinweg (heute der vordere Teil der Jahnallee), an dem sich zahlreiche Fischer und Färber angesiedelt hatten. Um im Rahmen der gründerzeitlichen Expansion der Stadt die wichtige Ausfallstraße nach Westen aufzuweiten, wurde dieser Flußabschnitt bereits 1878 überwölbt und im Folgejahr die Angermühle abgebrochen.
Ende der 1930er Jahre kam es zur Verseuchung der Pleiße durch die massive Einleitung ungeklärter lndustrieabwässer vor allem der karbochemischen Betriebe des Leipziger Südraums. Durch die Verbindung des stark phenolbelasteten Flusses mit dem Wasser der Weißen Elster (Elsterflutbett) wurde auch der Elstermühlgraben in Mitleidenschaft gezogen. Zu Beginn der 1960er Jahre entschied man - wie schon zehn Jahre zuvor für den Pleißemühlgraben - auch hier nur die Symptome zu verdrängen, den offenen Flußlauf weitgehend aufzugeben und ihn vom Schreberbad bis zur Kleinen Funkenburg wie einen Abwasserkanal zu verrohren. Oberirdisch blieben zwischen der flußbezogenen Bebauung meist Brachflächen oder Parkplätze zurück. Die Bezugspunkte zur reichen Kultur- und Ereignisgeschichte der westlichen Vorstadt, die auf vielfältige Weise eng mit dem Gewässernetz verknüpft war (u.a. Gartentradition und die Ereignisse von 1813), sind durch diesen krassen Einschnitt seither spürbar gestört. Den betroffenen Vierteln wurde geradezu die Seele genommen.
Das 1990 von Künstlern und Architekten initiierte Projekt NEUE UFER, das zunehmend breitere Akzeptanz fand und 1994 Bestandteil städtischer Planung wurde, beinhaltet auch die Freilegung und Revitalisierung des Elstermühlgrabens. Nach verschiedenen Planungsansätzen, Studien und einer Markierungsaktion („Elster ans Licht“) zeichnen sich nun auch erste praktische Schritte ab. So ist vorgesehen, bis 2006 den Mühlgraben in der vorderen Jahnallee in einem neuen Flußbett offen zu führen und für das Flair der heutigen Stadt nutzbar zu machen. Darüberhinaus ist zwischen Schreberbad und Friedrich-Ebert-Straße die Anlage eines Stadthafens für Sport- und Freizeitboote geplant.