Karnin
Vom Verein Usedomer Eisenbahnfreunde wurde im ehemaligen Karniner Bahnhof durch Förderung des Landes Mecklenburg/Vorpommern, des Kreises OVP und zahlreicher privater Spenden das Ausstellungs- und Informationscenter Karnin eingerichtet. Die kleine Ausstellung informiert über die Historie der Bahnlinie Berlin- Swinemünde, über technische Details der Hubbrücke und über die Bemühungen, die Bahnlinie wieder in Betrieb zu nehmen. Von 1998 bis 2000 wurde der Bahnhof liebevoll rekonstruiert, Flurbereinigungen auf dem alten Bahndamm durchgeführt und Schienen im Bahnhofsbereich verlegt.
Sehenswert ist im Ort ausserdem der ehemalige Lotsenturm, der im Jahre 1936 errichtet wurde. Ca. 100m davon entfernt befindet sich Walter Gentz` Haffschenke, die in Seglerkreisen einen sehr guten Ruf geniesst. Im Gastraum der Haffschenke kann man ein Gemälde besichtigen, auf dem die Karniner Brücke mit einem darüber fahrenden Zug dargestellt ist.
Die Hubbrücke Karnin ist eine 1933 eröffnete und 1945 zerstörte Eisenbahnbrücke über den Peenestrom. Sie war Bestandteil der ehemaligen Eisenbahnlinie von Ducherow nach Swinemünde. Das Hubteil der Brücke steht als seit Kriegsende unveränderte Ruine und als technisches Denkmal mitten im Peenestrom. Es wurde für die Auszeichnung als Historisches Wahrzeichen der Ingenieurbaukunst in Deutschland vorgeschlagen.
Die Brücke hatte eine Gesamtlänge von 360 Metern, die Länge des Hubgerüstes betrug 51,7 Meter, die Höhe 35 Meter. Der Mittelpfeiler der zuvor bestehenden Drehbrücke blieb als zusätzliches Widerlager für den Hubteil bestehen; hiermit und zusammen mit einer leichten Konstruktion des eigentlichen Hubteiles ergaben sich erhebliche Einsparungen bei den zu bewegenden Massen der Brücke.
Die Brücke war bis zu ihrer Zerstörung am 28. April 1945 die wichtigste Verkehrsanbindung von Usedom an das Festland. Die Brücke quert den Strom, wie der südliche Teil des Peenestroms von der Flussmündung der Peene bis zum Stettiner Haff genannt wird, zwischen Kamp und Karnin. Diese Verbindung war für die touristische Entwicklung der Insel, aber auch für den Standort militärischer Einrichtungen auf Usedom (Munitionslager bei Usedom, Heeresversuchsanstalt Peenemünde ab 1936) von großer Bedeutung. Im Zweiten Weltkrieg wurde die Brücke von der Wehrmacht gesprengt, um der Roten Armee den Vormarsch zu erschweren. Zerstört wurden dabei die insel- und festlandseitigen Flutbrücken, die eigentliche Hubbrücke blieb unbeschädigt. Begründet wurde das Verschonen des Mittelteiles mit den im Stettiner Haff operierenden deutschen Marineeineheiten, denen man einen Fluchtweg in die Ostsee offen halten wollte.
Nach dem Krieg wurde die Bahnverbindung und mit ihr die Brücke nicht mehr aufgebaut, weil ein Teil der Strecke nun über polnisches Gebiet Usedoms bei Swinemünde verlief. Die zerstörten Überbauten wurden in den fünfziger Jahren entfernt und verschrottet. Die in den sechziger Jahren durchgeführten Planungen zum Wiederaufbau der Brücke sind bisher immer wieder gescheitert. Ihre Verkehrsaufgabe wird derzeit von der Peenebrücke Wolgast übernommen, die als kombinierte Eisenbahn- und Straßenbrücke ausgeführt wurde.
1990/91 rettete der Brückenbau-Ingenieur Hans Nadler (1922 - 2007) den Hubbrückenteil vor dem akut drohenden Abriss; zur Durchsetzung seiner Ziele (denkmalpflegerischer Erhalt und Wiederaufbau) gründete er mit Gleichgesinnten 1992 den Usedomer Eisenbahnfreunde e.V.. Der Verein restaurierte ab 1997 das Empfangsgebäude des Bahnhofs Karnin und betrieb dort von 1999 bis 2005 eine kleine Ausstellung zur Streckengeschichte.
Im aktuellen Bundesverkehrswegeplan aus dem Jahr 2003 wird der Wiederaufbau der Strecke Seebad Heringsdorf, Świnoujście (Swinemünde) und Ducherow im Abschnitt der internationalen Projekte aufgeführt. Durch diese Verbindung würde sich die Fahrzeit zwischen Berlin und der Insel Usedom von heute über 3 Stunden auf ca. 2 Stunden verkürzen.
Die Brücke wurde 1875 zunächst als handbetriebene Drehbrücke gebaut. Sie musste für den Schiffsverkehr im Peenestrom stets offen stehen und wurden nur geschlossen, wenn ein Zug die Brücke passieren sollte. Später erfolgte der zweigleisige Ausbau der Strecke und der Brücke. Der heutige gute Zustand der Hubbrücke ist darauf zurück zu führen, dass ein rostbeständiger Stahl verbaut wurde, der auch ohne regelmäßige Farberneuerung nicht sonderlich korrodiert.
Aufgrund des gestiegenen Zugbetriebes und der höheren Verkehrslasten erfolgte in den Jahren 1932 - 1933 bei laufendem Zugverkehr der Bau der Hubbrücke. Im gleichen Zeitraum wurde das heute noch in Betrieb befindliche Schiffshebewerk Niederfinow erbaut, bei dem ähnliche Konstruktionsgrundsätze angewendet wurden. Die Gemeinsamkeit beider Projekte ging so weit, dass die Seile der Hubbrücke Karnin auf der Baustelle des Schiffshebewerkes Niederfinow vorgespannt und anschließend mit Spezialwagen der Bahn nach Karnin transportiert wurden.