Informationen zur Oder

Bearbeiter:

Frank Scherbart, 12489 Berlin

Rainer Krabbe, Frankfurt/Oder

Dr. Wolfgang Krutzke, 18055 Rostock

Die Oder (polnisch Odra) ist nach Länge und Einzugsgebiet der zweitgrößte Fluss Polens. Die Quelle der Oder befindet sich in den östlichen Sudeten am Hang des Berges Kozlowa (634 m). In ihrem Oberlauf in Tschechien nimmt die Oder drei Bergflüsse auf, von links die Opava, von rechts aus den Beskiden kommend die Ostravice und die Olza. Letztere bildet die Grenze zwischen Polen und der Tschechischen Republik.

Die Oder fließt auf ihrem Weg zur Ostsee grundsätzlich in Nord-Nordwest-Richtung. Nachdem sie das Territorium Tschechiens verlassen hat, durchfließt sie Schlesien zwischen dem östlichen Teil der Sudeten und den Westhängen der kleinpolnischen Höhen, dann durch das Lebuser Land und Pommern und mündet in das Stettiner Haff. Von dort aus fließt ihr Wasser in drei Armen in die Ostsee. Das sind, von Osten gesehen, die Dieve, die Swine und die Peene.

Länge der Oder von der Quelle bis zum Dammschen See 847 km

davon kilometriert 741,6 km

mittleres Gefälle auf dem befahrenen Abschnitt 26 cm/km

Einzugsgebiet 118,4 Qkm

Bis zur Ortschaft Chalupki gehören beide Ufer zur Tschechischen Republik, weiter bildet die Oder auf 7 km die natürliche Grenze zwischen Polen und Tschechien, als nächstes fließt sie bis zur Mündung der Lausitzer Neiße (km 524,4) auf polnischem Gebiet. Im Abschnitt von der Neißemündung bis Widuchowa (Fiddichow) stellt sie die Grenze zwischen Polen und Deutschland dar, die in der Mitte des Hauptstromes verläuft. Im weiteren Verlauf spaltet sich die Oder in zwei Arme, die Ost- und die Westoder. Die Ostoder verläuft vollständig auf polnischem Gebiet und heißt im Stadtgebiet von Stettin (Szczecin) Reglitz (Reglica) und mündet in den Dammschen See (Jezioro Dąbie). Die Westoder ist noch bis Mescherin deutsch-polnische Grenze, strebt dann der Stadt Stettin zu, wo sie mit ihren Nebengewässern den großen Hafen bildet.

Die Oder ist auf ganzer Länge reguliert und zu einem beträchtlichen Teil kanalisiert. Im Oberlauf von Kožle (Cosel km 98,0) bis Brzeg Dolny (km 281,6) gibt es 24 Schleusen, vor denen die Strömung auf ca. 3 km fast völlig aufhört. Als Folge der Regulierung, der Durchstiche und Abkürzungen wurde die Oder in einigen Abschnitten verkürzt oder ihr Bett verlegt. Die neuen Schifffahrtswege besitzen oft eigene Kilometrierungen. Auf der Strecke gibt es besonders im oberen Abschnitt viele Fähren.

Obwohl die Oder nicht der schönste polnische Fluss ist, besitzt sie doch zahlreiche Reize, die es wert sind, sie vor anderen Wasserwegen kennenzulernen.

Von alters her war die Oder ein Hauptverkehrsweg der Leute, die an ihren Ufern lebten. Anfangs waren es Menschen Lausitzer Kultur, Vorfahren von slawischen Stämmen. Sie bildete später die Verteidigungslinie des jungen polnischen Staates. Unreguliert floss die Oder mitten durch ausgedehnte Sümpfe und undurchdringliche Wälder, nur an einigen Stellen war sie zugänglich und verhältnismäßig leicht zu durchqueren. Dort entstanden Burgen (Oppeln, Brieg, Breslau, Glogau und viele andere) mit der Aufgabe der Verteidigung dieser Furten gegen Feinde. Die an der Oder liegenden Städte waren in den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts Orte zahlreicher Ausgrabungsarbeiten, die mit der Bergung vieler Belege dafür gekrönt waren, dass dieses Land ursprünglich slawisch ist und die damaligen Bewohner über eine hohe Kultur verfügten.

Gut erhaltene Bauwerke aus der Piastenzeit, schöne Städte mit zahlreichen Denkmälern mittelalterlicher Baukunst zeugen von der großen Bedeutung dieses Landes in jener Zeit.

An den Ufern der Oder blieben ursprüngliche Waldpartien erhalten, die heute als Naturschutzgebiete ausgewiesen sind, was die Attraktivität des Wasserweges erhöht. In den Wäldern an der Oder kann man Wildschweine, Füchse, Wiesel, Wildpferde, Fischotter, Iltisse, Wildkaninchen, vereinzelt auch Dachse und Rehe und neuerdings wieder Wölfe treffen, die unter besonderem Schutz stehen.

Neben dem Schifffahrtsweg finden wir hinter den Ufern und Deichen zahlreiche Altarme, in denen Fische Schutz suchen, die im Fluss infolge seiner starken Verschmutzung durch kommunale und industrielle Abwässer aussterben. An den Ufern des Flusses und dieser Nebengewässer nistet die Vogelwelt: Wildenten, Schnepfen, häufiger als an anderen Flüssen Nachtigallen und Amseln, manchmal auch Reiher.

An der unteren Oder ist auf deutscher Seite vom Oderbruch bis Mescherin/Staffelde der Nationalpark „Unteres Odertal“ eingerichtet und grenzübergreifend auf polnischer Seite schliessen sich zwei Landschaftsschutzparks an. Der polnische Landschaftsschutzpark Zehden (Cedynski Park Krajobrazowy) hat eine Kernfläche von 30.000 ha, die Kernfläche des Landschaftsschutzparks Unteres Odertal (Park Krajobrazowy Dolina Dolnej Odry) beträgt 6000 ha. Im Rahmen dieser Naturschutzflächen ist das Rudern in den Polderwiesen der Oder nur nach Genehmigung der jeweiligen Naturschutzverwaltungen in Ciewen und Zehnden (Cedynia) möglich.

Die Tiefe der Oder ist für Ruderboote selbst im oberen teil ausreichen. Einige Sandbänke bei niedrigem Wasserstand sind dort leicht zu überwinden. Wegen der verhältnismäßig hohen Geschwindigkeit der Frachschiffe und wegen der Schleusen erfordern Begegnungen mit diesen Schiffen und die Schleusungen mit ihnen hohe Aufmerksamkeit.

An den Ufern der Oder (oft auf den Schutzdeichen) gibt es eine ausreichende Anzahl trockener Stellen zum Zelten. Das Anlegen ist jedoch oft schwierig, da die Ufer verschlammt sind. Das Wasser der Oder ist nicht zum Trinken, auch nicht abgekocht, zu benutzen. Mit Ausnahme weniger Stellen eignet sie sich auch nicht zum Baden. Baden kann man in den Mündungen ihrer Nebenflüsse, soweit die nicht stärker verschmutzt sind als die Oder, oder in den Altarmen und kleinen Seen hinter den Deichen. Der Temperaturunterschied zwischen oberer und unterer Wasserschicht – eine Erscheinung, die in diesem Fluss in stärkerem Maße auftritt als in anderen – kann unangenehme Krämpfe verursachen.

Die Polnische Republik ist seit 2004 Mitglied der Europäischen Union und seit Ende 2007 dem Schengener Abkommen beigetreten. Damit können alle Erinnerungen an eine schwierige Grenze gestrichen werden und die Wanderfahrt auf der Oder mit Selbstverständlichkeit und Freude absolviert werden.

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